Kommentierte Rechtsprechung


Ergänzungsbilanz für persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA?

Weder die Zahlung eines Aufgeldes i.R.d. Übernahme einer Beteiligung als persönlich haftender Gesellschafter einer KGaA noch der Erwerb und die Einziehung eigener Kommanditaktien durch die KGaA führen zum Ansatz zusätzlicher, in einer Ergänzungsbilanz auszuweisender Anschaffungskosten des persönlich haftenden Gesellschafters.

BFH v. 7.9.2016 – I R 57/14

Problem: Die Klägerin (GmbH) war ursprünglich alleinige Gesellschafterin der A-GmbH. Zwischen der Klägerin als Organträgerin und der A-GmbH bestand eine körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Organschaft. Mit Gesellschafterbeschluss im Februar 2002 wurde die A-GmbH formwechselnd in die A GmbH & Co. KGaA (KGaA) umgewandelt. Das Grundkapital wurde von der Klägerin als alleiniger Kommanditaktionärin übernommen. Zugleich wurde die Klägerin persönlich haftende Gesellschafterin der KGaA, wobei die Organschaft zwischen der Klägerin und der KGaA fortbestand. Nach der Satzung der KGaA war die Klägerin als persönliche Gesellschafterin verpflichtet, einen nicht auf das Grundkapital zu leistenden Kapitalanteil in bar zu erbringen. Der den Kapitalanteil übersteigende Betrag wurde wie eine Kapitalrücklage der Gesellschaft i.S.d. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB behandelt.

Im August 2002 schlossen die Klägerin und die KGaA einen Nachgründungsvertrag i.S.d. § 52 AktG, nach dem die KGaA von der Klägerin eigene Kommanditaktien zur Einziehung gem. § 71 Abs. 1 AktG erwarb. Nach der Genehmigung des Nachgründungsvertrags durch die Hauptversammlung der KGaA wurde die Herabsetzung des Grundkapitals im Wege der vereinfachten Einziehung von Aktien nach § 237 Abs. 3-5 AktG beschlossen. Für die von der Klägerin erbrachte Vermögenseinlage hat sie eine (stl.) Ergänzungsbilanz in Höhe der Differenz zwischen dem auf den Kapitalanteil zu leistenden Betrag und dem der Klägerin – die nach Einziehung der Aktien als persönlich haftende Gesellschafterin an dem Gesamtkapital der KGaA beteiligt war – anteilig zuzurechnenden steuerlichen Eigenkapital gebildet. Das FA erkannte die eingereichte Ergänzungsbilanz nicht an. Es lehnte eine Minderung des Gewerbeertrags 2003 (Streitjahr) um die AfA der in der Ergänzungsbilanz enthaltenen Wirtschaftsgüter ab. Bereits in 1. Instanz (FG BW v. 22.9.2014 – 10 K 1946/13) wurde die Klage abgewiesen.

Lösung des Gerichts: Dieser Auffassung der Vorinstanz ist auch der BFH gefolgt, weil die Aufstellung einer Ergänzungsbilanz für die Klägerin als persönlich haftende Gesellschafterin einer KGaA bei Zahlung eines Aufgeldes auf die Sondereinlage und nachfolgender Einziehung von Kommanditaktien nicht zu rechtfertigen war.

Konsequenzen für die Praxis: Korrektur von Gesamthandsbilanzansätzen: Im Interesse einer zutreffenden Besteuerung eines Mitunternehmers i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG sind Ergänzungsbilanzen zu bilden, wenn eine Korrektur der aus der Gesamthandsbilanz ergebenden Wertansätze für die Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens – und damit des Werts der Beteiligung eines Mitunternehmers – erforderlich ist.

Eine Ergänzungsbilanz ist insbesondere bei einem entgeltlichen Erwerb eines Gesellschaftsanteils erforderlich, um das Kapitalkonto des Veräußerers in der Gesellschaftsbilanz auf den Anschaffungspreis zu berichtigen. Da der Erwerber eines Mitunternehmeranteils die bestehenden Vermögensrechte aus der Beteiligung – und damit auch das Kapitalkonto seines Vorgängers – übernimmt, erfordert der bilanzielle Ausweis des Anschaffungspreises des Erwerbers für seinen Anteil an der Personengesellschaft, dass in einer für ihn aufzustellenden Ergänzungsrechnung (Ergänzungsbilanz) das Kapitalkonto des Veräußerers in der Gesellschaftsbilanz auf den Anschaffungspreis berichtigt wird.

Berichtigung bei Gesellschaftereintritt: Einer solchen Berichtigung bedarf es auch, wenn ein weiterer Gesellschafter in eine bereits bestehende Gesellschaft gegen eine Einlage in das Gesellschaftsvermögen eintritt und die sich hieraus ergebenden Anschaffungskosten bilanziell nicht vollständig in dessen Kapitalkonto ausgewiesen werden. Bezugsgrößen sind

  • einerseits das anteilige Eigenkapital an der Mitunternehmerschaft und
  • andererseits die Anschaffungskosten bzw. der Wert der in die Mitunternehmerschaft eingebrachten Wirtschaftsgüter.

Herauf-/Herabsetzung der BW: Die auf den Gesellschafter entfallenden Buchwerte der Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens werden entsprechend in der Ergänzungsbilanz durch Korrekturen herauf- oder herabgesetzt, die in der Folge entsprechend dem Verbrauch der Wirtschaftsgüter gewinnmindernd oder gewinnerhöhend aufgelöst werden.

Persönlich haftender Gesellschafter einer KGaA = Behandlung wie Mitunternehmer: Die persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA sind zwar – anders als die persönlich haftenden Gesellschafter einer KG – im Gesetz nicht als Mitunternehmer bezeichnet. Sie werden aber nach der BFH-Rechtsprechung „wie Mitunternehmer behandelt“. Beachten Sie: Ob vor diesem Hintergrund auch die Grundsätze zur Erstellung von Ergänzungsbilanzen auf die persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA zu erstrecken sind, wird in Literatur und erstinstanzlicher Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt. Im laufenden Verfahren konnte der BFH die Beantwortung der Frage offen lassen, weil sie nicht entscheidungserheblich war.

Im Streitfall keine Verbindung mit zusätzlichen AK: Selbst wenn man den Gewinnanteil des persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA unter Berücksichtigung ergänzender Bilanzansätze ermittelt, sind im Streitfall

  • weder die Zahlung eines Aufgeldes durch die Klägerin i.R.d. Übernahme der Beteiligung als persönlich haftende Gesellschafterin
  • noch der Erwerb und die Einziehung der Kommanditaktien durch die KGaA

mit dem Ansatz zusätzlicher Anschaffungskosten sowie entsprechender AfA verbunden. Die Klägerin war neben ihrer Stellung als persönlich haftende Gesellschafterin auch als (alleinige) Kommanditaktionärin an der KGaA beteiligt. Die auf die Klägerin als Kommanditaktionärin entfallende Zuführung zur Kapitalrücklage hat – ungeachtet der äußeren Gestaltung als Aufgeld zur Sondereinlage als persönlich haftende Gesellschafterin – ihre Veranlassung in der Gesellschafterstellung der Klägerin als Kommanditaktionärin. Deshalb entfallen die Aufwendungen der Klägerin auf die von ihr gehaltenen Kommanditaktien; einer Korrektur des auf die Klägerin als persönlich haftende Gesellschafterin entfallenden Teils des Eigenkapitals durch eine Ergänzungsbilanz bedarf es nicht.

Beraterhinweis: Auch aus der 2. Stufe der Umstrukturierung (Kauf eigener Aktien zur Einziehung durch die KGaA unter Auflösung der Kapitalrücklage) lässt sich keine Rechtfertigung für die Bildung einer Ergänzungsbilanz ableiten. Bei der sich durch die Einziehung ergebenden Minderung des Eigenkapitals handelt es sich nämlich um eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensänderung, die sich nicht auf den steuerlichen Gewinn auswirkt.

Dieses Abzugsverbot darf nicht durch den gegenläufigen Ansatz in einer Ergänzungsbilanz – und einer hierauf fußenden erfolgswirksamen Abschreibung – unterlaufen werden.

RA/FASt Dipl.-Kfm. Ludwig Görden, Essen

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