Verwaltung


Ertragsteuerliche Behandlung der Kindertagespflege

Das BMF nimmt im Rahmen einer Neuveröffentlichung Stellung zu Einzelfragen bei der ertragsteuerlichen Behandlung der Kindertagespflege.

BMF v. 11.11.2016 – IV C 6 - S 2246/07/10002: 005 – DOK 2016/0958810

Anweisung der Verwaltung: Das BMF nimmt zusammenfassend zur ertragsteuerlichen Behandlung der Kindertagespflege Stellung. Insbesondere definiert das BMF den Begriff der Kindertagespflege, grenzt die möglichen Einkunftsarten (§§ 18, 19 EStG) voneinander ab, zeigt die Grundsätze zur Ermittlung des Gewinns bei einer selbständigen Kindertagespflegeperson unter Berücksichtigung tatsächlicher BA bzw. BA-Pauschalen auf und klärt den Zeitpunkt für die Anwendung der Grundsätze.

Konsequenzen für die Praxis. Bei der Kindertagespflege nach § 22 SGB VIII bietet eine Kindertagespflegeperson ein einer Kindertagesstätte ähnliches Angebot im familiären Rahmen an. Dabei sind folgende Grundsätze zu beachten:

Selbständige Tätigkeit: Wird die Kindertagespflege im Haushalt der Kindertagespflegeperson, der Personensorgeberechtigten des Kindes oder in anderen geeigneten Räumen vorgenommen und betreut die Kindertagespflegeperson Kinder verschiedener Personensorgeberechtigter eigenverantwortlich, handelt es sich um eine selbständige erzieherische Tätigkeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG).

Nichtselbständige Tätigkeit: Betreut die Kindertagespflegeperson ein Kind oder mehrere Kinder in dessen/deren Familie nach Weisungen der Personensorgeberechtigten, ist sie i.d.R. Arbeitnehmer, die Personensorgeberechtigen sind die Arbeitgeber (§ 19 EStG).

BE: Nach § 23 SGB VIII erhält die Kindertagespflegeperson eine laufende Geldleistung, die neben der Erstattung des Sachaufwands die Förderleistung der Kinderpflegeperson anerkennen soll. Hierbei handelt es sich um BE aus freiberuflicher Tätigkeit. § 3 Nr. 11 und 26 EStG sind nicht anwendbar.

BA: Von den steuerpflichtigen BE sind die tatsächlich angefallenen und nachgewiesenen BA abzuziehen. Beachten Sie: Keine BA sind die von der Kindertagespflegeperson gezahlten Beiträge zur Alterssicherung, Unfallversicherung und zu einer angemessenen Kranken- und Pflegeversicherung.

BA-Pauschale: Anstelle der tatsächlichen BA kann bei der Ermittlung der Einkünfte aus der Tätigkeit als Kindertagespflegeperson von den erzielten Einnahmen 300 € je Kind und Monat pauschal als BA abgezogen werden. Der BA-Pauschale liegt eine wöchentliche Betreuungszeit von 40 Stunden zugrunde. Weicht die tatsächlich vereinbarte Betreuungszeit davon ab, ist die Pauschale zeitanteilig zu kürzen. Ausnahme: Findet die Betreuung im Haushalt der Personensorgeberechtigten oder in unentgeltlich zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten als selbständige Tätigkeit statt, können die BA-Pauschalen nicht abgezogen werden. In diesem Fall ist nur der Abzug tatsächlicher BA zulässig.

Beraterhinweis: Die Finanzverwaltung stellt insbesondere für den meist umstrittenen Einzelnachweis für den BA-Abzug klar, dass sämtliche tätigkeitsbezogenen Aufwendungen begünstigt sind. Dazu zählen dann u.a. auch Aufwendungen für Kommunikationskosten, Nahrungsmittel, Fachliteratur, Hygieneartikel sowie Aufwendungen für eine Freizeitgestaltung. Werden der Kindertagespflegeperson nach § 23 SGB VIII laufende Geldleistungen für sog. Freihalteplätze gezahlt, die im Fall einer Krankheits-, Urlaubs- oder Fortbildungsvertretung einer anderen Kindertagespflegeperson kurzfristig belegt werden können, wird bei der Ermittlung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus Vereinfachungsgründen zugelassen, dass anstelle der tatsächlichen BA von den für den Freihalteplatz gezahlten Einnahmen 40 € je Freihalteplatz und Monat pauschal als BA abgezogen werden. Die BA-Pauschalen dürfen jeweils nur bis zur Höhe der BE abgezogen werden und führen damit nie zu einem Verlust.

Anwendungszeitraum: Die vorstehenden Grundsätze sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Die BMF-Schreiben vom 17.12.2007, 17.12.2008 und 20.5.2009 wurden aufgehoben (BMF v. 17.12.2007 – IV C 3 - S 2342/07/0001 – DOK 2007/0586083, BStBl. I 2008, 17; v. 17.12.2008 – IV C 3 – S 2342/07/0001, BStBl. I 2009, 15 und v. 20.5.2009 – IV C 6 - S 2246/07/10002 – DOK 2009/0327067, BStBl. I 2009, 642).

RD Dipl.-Finw. Wilfried Apitz, Sundern

EStB 2017, 65

201702030224